AUSSTELLUNG „GRENZÜBERSCHREITUNGEN”/ KUNSTVEREIN GEHRDEN/ 2002
Vorwort zur Ausstellung „Grenzüberschreitungen“ im Kunstverein Gehrden e.V.
von Prof. Dr. Manfred Blohm
Alina Schüttes Material ist Papier in unterschiedlichen Bearbeitungsformen dieses Werkstoffes.
Es ist nicht nur ein Medium, auf dem ihre Arbeiten entstehen, sondern es ist selbst Objekt künstlerischer
Bearbeitung. So entstanden Papier-Konstruktionen (1995-1998), in den Raum greifende Gebilde
aus Papier auf Leinwand. In den Jahren 1999-2001 arbeitete sie an dem Zyklus „Schüttes Briefe".
Viele kleine farbig gestaltete Papierbögen wurden nebeneinander und übereinander auf einer grundierten Leinwand
geordnet. Basis dieser Papierbögen waren Werbeprospekte, die übereinander geleimt wurden.
Durch das Übereinanderleimen erhalten sie eine Stabilität und eine gewisse Widerborstigkeit
oder Eigensinnigkeit, so als wollten sie sich nicht ganz mit dem Untergrund verbinden
oder als wollten sie ihre Eigenständigkeit und Individualität in dem Ensemble mit den anderen
Bildern verteidigen.
Die Idee zu ihren neueren Arbeiten sind per Zufall entstanden. Bei der Herstellung der Briefe
entstand ein Abfallprodukt, schmale Papierstreifen, die massenweise auf dem Atelierboden lagen.
Aufgenommen, eingetaucht in Acrylfarbe (wie die Färber von Pali, die ihre Stoffe durch die Farbe ziehen)
und auf die Leinwand gebracht, erstarren sie zu festen Gebilden.
Diese Gebilde scheinen aus dem Rahmen herauszuquellen. Stärker noch als die „Briefe" entfalten diese
Papierstreifen ihr Eigenleben und ihren Eigensinn. Fontana erregte vor einigen Jahrzehnten damit Aufsehen,
dass er mit einem Messer in die Leinwand ritzte und so sozusagen den realen Raum hinter dem Bild zeigte.
Alina Schütte zeigt mit ihren neueren Arbeiten „Grenzüberschreitungen" des gemalten illusionären Bildraumes
in den realen Raum hinein. In Korrespondenz zu „Schüttes Briefen" ließe sich hier von
„Bildgrenzen überschreitenden Notizen" sprechen, denn die farbigen Streifen wirken wie rasche überquellende
Ideenskizzen oder Notizen von Einfällen, die den Rahmen des konventionellen Bildes überschreiten müssen.
Über ihre künstlerische Arbeit und deren Bedeutung denkt Alina Schütte sehr intensiv nach und sie ist
– was bei Künstlern nicht immer der Fall ist – in der Lage ihre Gedanken, künstlerischen Entwürfe und Visionen
zu kommunizieren. So entstehen im Gespräch mit ihr sehr lebendige innere Bilder im Kopf des Zuhörers,
die neue und intensive Werkzugänge ermöglichen.
Aus all den schriftlichen Notizen, die ich während eines Besuchs in ihrem Atelier machte,
möchte ich drei Zitate der Künstlerin hier wiedergeben. Ich brauche sie nicht zu interpretieren,
denn sie können auch so dasjenige zum Aufscheinen bringen, was sich hinter den Bildern befindet:
„Kunst ist das, was ich sehr gut machen kann. Wenn ich keine Kunst machen würde, würde ich platzen."
„Von morgens bis abends habe ich Visionen, irgendetwas arbeitet immer in mir. Im Atelier entsteht dann aber
sowieso etwas anderes."
„Ich entdecke meine Bilder auch immer selbst erst. Ich will mit meinen Bildern etwas erzählen,
aber was genau, das weiß ich nicht."
Objekt-Collage
Holzkasten, Leinwand, Acryl und Papier
Offen 180 x 100 cm/ Geschlossen 130 x 100 cm
Technik
Acryl und Papier auf Leinwand
160 x 100 cm
50 x 50 cm 40 x 50 cm
50 x 50 cm 50 x 50 cm 50 x 50 cm
Technik
Papier und Zellstoff auf Leinwand
140 x 120 cm 140 x 120 cm
80 x 100 cm 120 x 140 cm 120 x 140 cm
100 x 120 cm
100 x 100 cm 90 x 110 cm
120 x 100 cm
60 x 80 cm 60 x 80 cm 60 x 80 cm